Ein Sommer im Nirgendwo: Wie ich lernte, das Nichtstun zu lieben

sea, sunset, boatEs war der Sommer, der nie begann. Zumindest fühlte es sich so an, als meine Eltern entschieden, unseren jährlichen Urlaub in einem abgelegenen Ferienhaus in Dänemark zu verbringen. Als junger, energiegeladener Teen, dessen Lebensphilosophie darin besteht, jeden Moment zu leben, als wäre es der letzte, fand ich mich in der größten Herausforderung meines Lebens wieder: der absoluten Langeweile.

Technik adé

Das Ferienhaus, von dem meine Eltern so schwärmten, lag mitten im Nirgendwo. Umgeben von nichts als Sanddünen, einigen verstreuten Bäumen und dem endlosen Rauschen der Nordsee, das eher wie ein monotones Summen klang, das meine innere Unruhe noch verstärkte. Internet? Fehlanzeige. Gute Mobilfunkverbindung? Ein ferner Traum. Es war, als wäre ich in eine Zeitkapsel gesteckt worden, zurück in eine Ära, in der man zur Unterhaltung tatsächlich miteinander sprechen musste.

Herausforderung macht kreativ

Die ersten Tage verbrachte ich damit, rebellische Gedanken zu hegen. Ich malte mir aus, wie ich aus diesem skandinavischen Alcatraz ausbrechen könnte. Vielleicht ein mutiger Schwimmzug durch die eiskalten Wellen der Nordsee oder eine epische Wanderung durch die unendlichen Weiten der dänischen Wildnis. Doch schnell wurde mir klar, dass meine größte Herausforderung nicht die Flucht sein würde, sondern das Überleben der Langeweile.

Seesterngespräche

sand, red sand, beachMeine Tage bestanden aus endlosen Spaziergängen am Strand, bei denen ich versuchte, die Schönheit der Natur zu würdigen, die meine Eltern so zu schätzen schienen. Doch alles, was ich sah, war ein Meer, das sich weigerte, interessant zu sein, und Sand, der es auf irgendeine Weise schaffte, jeden Tag genau gleich auszusehen und trotz des ewigen Windes noch immer am Strand verharrte.

Ich versuchte, mich mit Büchern zu beschäftigen, die ich schon längst mal lesen wollte und fand mich in Gesprächen wieder, die ich niemals für möglich gehalten hätte. „Wie interessant kann die Untersuchung eines Seesterns schon sein?“, fragte ich mich, als meine Mutter mich zu einer weiteren ‚aufregenden‘ Entdeckungstour einlud.

Die Melodie der Monotonie

Es war jedoch nicht alles verloren. In meiner Verzweiflung begann ich, meine Umgebung genauer zu betrachten. Ich erkannte, dass es eine Form von Schönheit in der Stille gab, eine Art Frieden, den ich in meinem hektischen Alltag nie gefunden hatte. Ich begann, die kleinen Dinge zu schätzen, die ich zuvor übersehen hatte: das Spiel der Farben am Himmel während des Sonnenuntergangs, die Formen der Wolken, die über mich hinwegzogen, und sogar das Lächeln meiner Familie, als wir zusammen saßen und Geschichten aus vergangenen Zeiten austauschten.

Ein Sommer in der Stille

Letztendlich war es ein Sommer der Innenschau. Ich merkte, dass es nicht immer um Action oder das nächste große Abenteuer geht. Manchmal ist es die Ruhe, die uns am meisten herausfordert und letztendlich am meisten lehrt. Auch wenn ich mir für den nächsten Urlaub definitiv mehr Spannung wünsche, werde ich die Lektionen, die ich in diesem scheinbar langweiligen dänischen Ferienhaus gelernt habe, nicht vergessen: Manchmal muss man eben stehen, um sich selbst und mehr zu sehen.